9. Falkenseer (Buletten) Open


Neben dem Apothekenturnier/Äskulapturnier in Görlitz zählt das Falkenseer Open zu meinen Lieblingsturnieren. Zum einen ist Falkensee im Herbst wunderschön anzusehen und zum anderen ist die Turnieratmosphäre sehr familiär. Außerdem ist das Turnier bekannt für seine schmackhaften Buletten, weshalb das Turnier in einigen Insiderkreisen auch als Bulettenopen deklariert wird. Dieses Jahr war ich etwas überrascht, dass es 86 Teilnehmer sind, die den Weg nach Falkensee gefunden haben. Damit zählt es mittlerweile zu den größten Turnieren in der Region Brandenburg.

Die erste Runde verlief für mich recht ruhig. Ich war an Position 26 gesetzt und hatte Dietmar Hellmich als Gegner. Nach einem groben Schnitzer von ihm konnte ich einen Bauern gewinnen und ihn zu einem vollen Punkt verwandeln. Zufrieden fuhr ich nach Berlin zurück. Die tägliche Zugfahrt nach Falkensee sollte sich noch zu einem Problem entwickeln, welches mich dazu bewegt, das nächste Mal vor Ort in Falkensee zu übernachten.

Tag 2 beginnt mit unregelmäßigem Verkehr der Berliner S-Bahn aufgrund eines Notarzteinsatzes. Die Berliner kennen diesen Satz nur zu gut. Ich verpasse meinen Anschlusszug nach Falkensee und muss den darauffolgenden Zug nehmen. Am Bahnhof in Falkensee bleiben mir 10 Minuten um pünktlich zum Spiellokal zu gelangen. Die Müdigkeit drückt in den Augen und im Kopf. Ich bin schon jetzt völlig erschöpft nach dem gefühlten 10km Lauf (es waren 1,74 km) zum Spiellokal. In der zweiten Runde muss ich verspätet gegen Willfried Woll ran. Ein sehr starker und ehrgeiziger Spieler. Ich hatte mich vor ein paar Jahren bei einem Turnier auf ihn vorbereitet, da ich dachte, ich spiele gegen ihn in der ersten Runde, was dann doch nicht geschah. Er spielt Französisch, Winawer Variante; genau die Variante, die ich vorbereitet hatte. Ich habe eine recht solide Stellung mit entgegengesetzten Rochaden. In der kritischen Phase der Partie opfere ich einen Läufer für zwei Bauern und Initiative. Mein Gegner schafft es allerdings, alle Angriffe abzuwehren und nach fast 5 Stunden gebe ich erschöpft auf. Eine Partie, die mir gezeigt hat, dass man durch solides Eröffnungswissen auch gegen starke Gegner gut mithalten kann. Allerdings hat mich diese Partie auch eine Menge Energie gekostet, was sich noch später rächen sollte.

In Runde 3 geht es gegen Michael Lehmann. Die Müdigkeit schlägt nun doppelt und dreifach zurück. Es sieht fast so aus, als würden wir Wolga Gambit spielen, aber es wird dann doch eine eher unorthodoxe Eröffnung. Ich mache Druck ohne zu rochieren und möchte schnell fertig werden. Mein Gegner hält gut dagegen und nutzt meine schwache Königsstellung aus. Ich kann mich mit einem Minusbauern aus der Stellung retten. Im Endspiel zeigt sich mein Gegner souverän und holt sich völlig verdient den vollen Punkt. Ich freue mich sogar, dass ich endlich nach Hause kann.

Tag 3. Ich bin völlig übermüdet, die Moral ist am Boden. Nun heißt es irgendwie Schadensbegrenzung betreiben und etwas Spaß am Schachspiel haben. In Berlin gibt es auch an diesem Tag wieder auf der der Stadtbahn einen Notarzteinsatz. Warum kippen die Leute denn alle in der S-Bahn um, wenn ich unterwegs bin?! Diesmal gelingt es mir aber den Zug noch rechtzeitig zu erwischen. In der vierten Runde spiele ich gegen Angela Siegle. Endlich funktioniert mal eine Eröffnungsfalle und ich kann ohne viel Kraft zu verbrauchen nach 14 Zügen den Sieg verbuchen.

In Runde 5 spiele ich gegen die junge Mareike Wastian. Gegen junge Gegner spiele ich immer mit einem unbequemen Gefühl. Bei den meisten von ihnen sind die Leistungen eher schwankend und sie spielen entweder wie junge Götter oder wie die letzte Dorfgurke. Meine Gegnerin hat keinen guten Tag erwischt und läuft einzügig in eine Springergabel, die mir die Qualität bringt. Danach bäumt sie sich aber auf und strickt einen mächtigen Mattangriff mit Läuferpaar, Dame und Turm. Mir gelingt es aber alle Gefahren abzuwehren und der ganze Punkt gehört mir. Keine Meisterleistung, aber ich bin froh, kühlen Kopf bewahrt zu haben.

Insgesamt war es ein wieder ein sehr schönes Turnier, mit nur kleinen Kritikpunkten. Das Turnier findet in einer Einrichtung des ASB in Falkensee statt. In direkter Nachbarschaft sind auch viele Jugendliche untergebracht, die großen Lärm erzeugen. Laute Musik von Sido und Co., lautem Gelächter und explodierenden Böllern direkt vor dem Fenster machen es nicht immer so einfach, sich zu konzentrieren. Ich habe aber auch schon Turniere gespielt, wo es von der Lautstärke her deutlich unangenehmer zu Sache ging. Vielleicht könnte man auch überlegen, bei so einem großen Teilnehmerfeld die Rundenanzahl zu erhöhen, da man entweder sehr starke oder eher schwache Gegner, gemessen an der eigenen Spielstärke, bekommt.

Zu loben ist die besonders freundliche und familiäre Atmosphäre der Organisatoren. Neben den vorzüglichen Bouletten und dem sehr sympathischen Schiedsrichter sowie Turnierleiter, sind die Damen im Cafè sehr zuvorkommend und haben auch die dümmste Frage mit einem Lächeln beantwortet (ich habe die Milch einfach nicht gefunden). Somit werde ich auch nächstes Jahr sicherlich wieder dabei sein.

Dave Möwisch

Zuletzt geändert: 2017/12/27 17:53