X. Falkenseer Open 2016

Herbstzeit in Falkensee heißt Boulettenzeit. Wieder einmal verschlug es mich in das beschauliche Falkensee zum diesjährigen Falkenseer Open. Bekannt für eine familiäre Turnieratmosphäre mit viel Liebe zum Detail und einem reichhaltigen Boulettenangebot lockte das Turnier 82 begnadete Schachspieler an die Bretter. So war ich auch dieses Jahr mit viel Vorfreude am Start. Nach den Querelen des letzten Jahres mit der deutschen Bahn habe ich mich entschieden direkt in Falkensee zu übernachten um dem täglichen Pendeln von Berlin nach Falkensee zu entgehen. Deshalb war ich nur 10 Minuten vom Spiellokal untergebracht und konnte entspannt in die Partien starten.

In der ersten Runde ging es für mich gegen Hans-Jürgen Toth aus Zehdenick. Nach zähem Spielverlauf stellte mein Gegner dann im Endspiel einen Bauern ein, der zum Zusammenbruch seiner Stellung führte. Auftakthürde gemeistert. Auch wenn der DZW-Unterschied an den Brettern zwischen 400 bis 700 Punkten lag, so gab es in der ersten Runde einige Überraschungen. So mussten zum Beispiel Peter Hintze (Zweiter Platz im letzten Jahr) und Mario Oberling (Lokalmatador) den vollen Punkt abgeben. In der zweiten Runde erwischte in den an eins gesetzten FM Walter Schatz. Da ich nichts zu verlieren hatte, schaute ich nach Partien von ihm und bereitete mich gezielt auf eine Variante des Königinders vor. Es wurde dann doch leider Grünfeld-Indisch. Ich kämpfte zwar und hielt aus meiner Sicht lange gut dagegen, der Druck wurde aber so stark, dass ich einen Bauern im Mittelspiel geben musste. Ich versuchte noch einen Königsangriff zu starten, der aber gekonnt abgewehrt wurde. Da war leider nix zu holen für mich.

In der letzten Runde des zweiten Turniertages durfte ich nach einem reichhaltigen Essen beim Chinesen und mit einer intensiven Knoblauchfahne (Sorry an meinen Gegner) gegen Michael Pape vom SV Hellas Nauen antreten. Nach guter Eröffnung spielte ich über den Damenflügel und opferte eine Qualität für einen gut postierten Springer tief in der gegnerischen Hälfte. Meine Bauernwalze schob sich unbeirrt Richtung gegnerische Grundreihe. Mein Gegner stellte dann einen Bauern ein, der letztendlich den Sieg für mich bedeutete.

Am ersten Brett dagegen musste sich FM Walter Schatz überraschend gegen Samuel Oltzen aus Lübeck geschlagen geben. Diese Niederlage war wohl so schmerzhaft, dass der Turnierfavorit aus dem Turnier ausstieg. Aus meiner Sicht sehr ärgerlich und unverständlich zugleich, da auch meine Buchholz-Wertung davon betroffen war. Meine leise Hoffnung auf einen möglichen Kategorie-Preis verschwand. Ich versuchte dennoch das Turnier gut abzuschließen.

Am letzten Turniertag spielte ich gegen Luis Gericke, ein nicht zu unterschätzendes Jugendtalent vom Empor Potsdam. Er konnte Thomas Noack und Peter Hintze zwei halbe Punkte abtrotzen und spielte ein überragendes Turnier. Gegen mich geriet er in der Eröffnung unter Druck und ich konnte seine Bauernstruktur am Königsflügel schwächen. Es gelang mir aber nicht dies auszunutzen, da er alle Gefahren erkannte und sich geschickt befreien konnte. Erst im Endspielt merkt man ihm sein junges Alter noch an. Er stellte relativ einfach einen Bauern nach einer Abwicklung ein, den ich zu einem vollen Punkt umwandeln konnte. Dennoch wird er sicherlich seinen Weg gehen und ein noch viel stärkerer Spieler werden.

Zum zehnjährigen Jubiläum des Turniers haben sich die Veranstalter eine kleine Besonderheit einfallen lassen. Die Partien der ersten sechs Bretter wurden per Live-Übertragung an eine Wand projiziert. Was sich erstmal absurd anhört, war aus meiner Sicht recht interessant. So war es mir möglich von meinem Brett aus die Partien an den ersten Brettern zu verfolgen. Die Übertragung ist sicherlich nicht revolutionär, war manchmal fehlerhaft und wurde nicht wirklich von anderen Spielern wahrgenommen, dennoch fand ich es einen netten Einfall.

Zum Schlussakt des Turniers wurde ich gegen den Vorjahressieger Reinhard Giese gelost, der nach seiner Niederlage gegen Rolf Trenner eine Runde zuvor keine Chancen mehr auf die Titelverteidigung hatte. Trotzdem wollte er die Partie unbedingt gegen mich gewinnen und lehnte jegliche Remis -Angebote in der Partie ab. Diese Partie war für mich die spektakulärste und anstrengendste Partie von allen. Nach wildem Partieverlauf hatte ich Springer und Läufer gegen einen Turm im Endspiel. Ich versuchte meine Figuren aktiv aufzustellen um die gegnerische Bauernwalze aufzuhalten. In der kritischen Phase der Partie opferte ich einen Bauern um mir selber einen Freibauern zu verschaffen, der bis auf siebente Reihe durchlief. In einer komplizierten Stellung gab mein Gegner seinen Turm, zog einen Bauern durch und erhielt eine Dame. Ich konnte ebenfalls eine neue Dame ergattern, musste aber meine beiden Leichtfiguren geben. So kamen wir ins Damenendspiel, wobei ich keinen und mein Gegner nur noch einen Bauer hatte. Dieses Spiel endete dann in einem Dauerschach für mich und der hart erkämpfte halbe Punkt war mir sicher.

Insgesamt bin ich mit 3,5 Punkten und Platz 14 sehr zufrieden. Auch das Turnier hat mich wieder komplett überzeugt. Besonders hervorzuheben ist das Küchenpersonal, das immer freundlich und zuvorkommend war, sowie die Turnierverantwortlichen, die auch dieses Jahr wieder ein hervorragend organisiertes Turnier auf die Beine gestellt haben. So heißt es auch nächstes Jahr für mich wieder Boulettenzeit im Herbst in Falkensee.

Dave Möwisch

Zuletzt geändert: 2017/12/27 17:53